Nachrichten

Dienstag 02. Februar 2021 | 09:13

Fachtagung "Kraftstoffe der Zukunft"

Beim 18. Internationale Fachkongress für erneuerbare Mobilität standen "Kraftstoffe der Zukunft" auf dem Plan. Besonders interessant dabei die mehrfachen Beiträge zu Biokraftstoffen, ihrem Wirkungspotenzial sowie den aktuellen und künftigen Rahmenbedingen.

Die mehrtägige Veranstaltung vom 18. - 22.1.2021 wurde erstmals rein digital durchgeführt, so dass die Beiträge und Diskussionen der Teilnehmer auch bequem am Bildschirm verfolgt werden konnten. Die wichtigsten Vorträge, Präsentationen und Erkenntnisse mit direkter Relevanz für die Mobilität mit CNG und LNG stellen wir hier vor.

In seiner Eingangsrede betonte Artur Auernhammer, MdB und Vorsitzender des Vorstandes des Bundesverbandes Bioenergie die Leistungsfähigkeit der Branche und der Biokraftstoffe für die Mobilität und die Klimaziele. Er sprach sich für höhere Grenzen bei der THG-Quote im Rahmen der RED II aus, lehnte die Mehrfachanrechnung zugunsten der Elektromobilität als reine Rechentricks ohne Klimawirkung ab. Wichtig sei eine ehrliche Betrachtung der realen Erfüllungsquoten bei der THG-Minderung.

"Die Bedeutung alternativer Kraftstoffe im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung" stellte Steffen Bilger MdB, zugleich Parlamentarischer Staatssekretär im Verkehrsministerium (BVMI), in den Mittelpunkt seines Beitrags. Mehrfach hob er dabei die unbedingte Technologieoffenheit seines Ministeriums hervor. Die Weiterentwicklung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren sei noch längst nicht am Ende, alle Technologien und alternative Kraftstoffe würden gebracht, um bei den Herausforderungen des Klimaschutzes voranzukommen. Nur durch die Verbindung von technischer Machbarkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz können alle Hebel in Bewegung gesetzt werden.

Lösungen müssen zu den spezifischen Anforderungen der Fahrzeugkategorien passen. Für PKW, LKW, Busse, Bahn, Schiff oder der Luftverkehr sind deshalb unterschiedliche Ansätze erforderlich, auch wenn derzeit die Elektromobilität für den gewünschten Hochlauf besonders gefördert werde. Die zu einseitige Herangehensweise des Bundesumweltministeriums werde klar abgelehnt, wie auch der nach breitem Protest aus Politik, Industrie und Verbänden neu verhandelte RED II Referentenentwurf des BMU zeige.

Bilger verwies in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit von Wasserstoff und strombasierte Kraftstoffe, Steigerungen bei den Treibhausgasminderungsquoten und die künftige Mindestmenge von 2,6 % fortschrittlicher Biokraftstoffen wie z. B. aus Reststoffen, Abfällen und Stroh am Kraftstoffabsatz. Für Forschungsprojekte, Entwicklung und Anlagen wird das BVMI in den nächsten Jahren erhebliche Mittel bereit stellen, die Entwicklungspotenziale öffnen und die "Evolution im Kraftstoffbereich" fördern. "Jede Anstrengung, jede Initiative für alternative Kraftstoffe lohnt sich." so Bilger, der auch die einseitige Festlegung auf eine einzige Antriebsart in Teilen der Automobilindustrie für nicht zielführend hält. Man dürfe Kunden nicht einfach im Stich lassen. Die demnächst in der EU zu überprüfenden Flottengrenzwerte habe das Ministerium deshalb ebenfalls im Blick.

VDA Verbandspräsidentin Hildegard Müller beleuchtete die "Prioritäten der Fahrzeugindustrie bei der Durchsetzung alternativer Kraftstoffe und Antriebsstrategien" – das Spektrum reicht von Biokraftstoffen über E-Fuels bis zum Elektroauto. Der VDA plädiert dabei für die Verbindung von moderner Industrie- und Klimaschutzpolitik. Die Automobilindustrie ist insgesamt technologieneutral aufgestellt, die Schwerpunkte und Konzepte variieren je nach Unternehmen.

Die heimische Branche sieht Müller auf dem Weg zum Europameister beim Klimaschutz, allerdings mangele es, gerade beim Elektroantrieb, noch an der notwendigen Infrastruktur. Kritisiert werden immer schärfere Verordnungen, ohne dass auch die Mittel zum Erreichen dieser Ziele verfügbar sind. Vor allem angesichts des Fahrzeugbestands seien alle Alternativen notwendig, erneuerbare Kraftstoffe werden durch politische Rahmenbedingungen zu stark benachteiligt. Statt Ungleichbehandlung und dem Kampf gegen Verbrennungsmotoren müssen faire, technologieneutrale Wege beschritten werden und in der Klimapolitik eine globale Perspektive zum Tragen kommen. Das heißt auch, Ressourcen für strombasierte Kraftstoffe (z. B. Wind und Sonne) vor allem dort zu nutzen und auszubauen, wo sie im Überfluss bereitstehen, um nicht zuletzt die Wertschöpfung vor Ort zu multiplizieren. Ambitionierte Klimaziele brauchen den schnellen Markthochlauf alternativer Kraftstoffe, die bisherigen Schritte muss intensiviert werden und vor allem die Flottenregulierung im Rahmen des New Green Deals auf den Prüfstand. Nur mehrgleisig geht es in die klimaneutrale Zukunft.

Diese Ansicht unterstützt auch Karsten Schulze, Technikpräsident des ADAC, den zudem die Frage nach den Kosten für "Klimaschutz im Verkehr" umtreibt. Denn diese landen letztendlich immer beim Verbraucher, dessen Akzeptanz und wirtschaftliche Möglichkeiten zu berücksichtigen sind. Die EU-Vorgaben zwingen die Hersteller derzeit in die E-Mobilität, unabhängig von den Bedürfnissen und Wünschen des Marktes. Und trotz der Ziele von 10 Mio. E-Fahrzeugen 2030 werden dann immer noch erheblich mehr Verbrenner auf den Straßen sein, für deren Betrieb es bezahlbare Lösungen braucht.
Sinnvoll wäre daher, gemeinsam und technologieneutral wirksame Reduzierungen beim CO2-Ausstoß voranzubringen: durch Etablierung klimaschonender Kraftstoffe mit Beimischungen (E10, E20...); durch Biomethan/BioCNG; durch entsprechende Freigaben/Angebote der Hersteller; durch verbesserte Rahmenbedingungen und Richtlinien der Politik, ob "Well-to-wheel"-Betrachtung bei der Flottenregulierung oder die freie Verwendung solcher Kraftstoffe in allen Sektoren des Verkehrs.

Für Professor Thomas Willner von der HAW, Hamburg, reduziert sich die Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen auf wenige, aber entscheidende Faktoren: Zeit, Schnelligkeit und Effizienz: Verstreicht Zeit wirkungslos, erhöhen sich Hürden und Druck, die Ziele noch zu erreichen. Im Gegenzug erweitern effektive, sofortige Maßnahmen das Zeitfenster und die Möglichkeiten. Mit wissenschaftlicher Präzision bemängelt er aktuell falsche Ansätze und Schieflagen. So sind Mehrfachanrechungen reine Vorspiegelungen ohne irgendwelche realen Einsparungen. Die Emissionsverlagerung in andere Bereiche oder Länder bringt dem (globalen) Klima nichts. E-Mobilität, die zunächst mit einem schweren "CO2-Rucksack" antritt, benötigt zu viel Zeit. Schnell umsetzbare und wirkungsvolle Lösungen müssen weltweit funktionieren, da Klimaschutz eine globale Aufgabe ist. Alternative Kraftstoffe können das mit einem CO2-Einsparungspotenzial von 83 % leisten, die Bestandsflotte muss daher "erneuerbar" betankt werden. Gleichzeitig sichert das in Ländern mit optimalen Voraussetzungen neue wirtschaftliche Perspektiven. Aus ökonomischer wie ökologischer Sicht eine Win-Win-Situation für die ganze Welt.

Autor: gibgas_exklusiv Birgit Maria Wöber